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Von Thomas — Mahé, Seychellen
Ein Morgen auf Mahé
Das Licht auf Mahé hat seinen eigenen Rhythmus. Es steigt langsam über dem Indischen
Ozean auf, vergoldet die Palmen, die Fischerboote und schließlich die grünen Hügel, die
direkt aus dem Meer wachsen. Nach drei Monaten hier fühle ich mich fast wie ein
Teilzeit-
Ein weiteres Vierteljahr liegt noch vor mir, dann geht es zurück nach Hause. Sechs
Monate auf den Seychellen – genug Zeit, um Wege zu kennen, Menschen zu verstehen
und den Pulsschlag der Insel zu spüren. Auch die Arbeit hat inzwischen ihren eigenen
Takt gefunden – ruhig, beständig, wie das Kommen und Gehen der Gezeiten.
Am 28. Juli 2025 wurde unsere neue Klinik auf Mahé offiziell eröffnet. Seitdem summen
die Bohrer fast ununterbrochen. Ich kann hier fast alles anbieten, was in meinem
fachlichen Repertoire steht – von Kompositfüllungen bis hin zu Wurzelbehandlungen.
Doch die Herausforderungen sind dieselben wie in vielen Teilen Asiens: Zahngesundheit
hat oft nur dann Priorität, wenn der Schmerz kommt. Schon Jugendliche haben Lücken in
der Zahnreihe; die Prophylaxe steckt noch in den Anfängen. Eine ganze Abteilung mit
Dentalhygienikerinnen wäre leicht zu beschäftigen.
Trotz allem macht die Arbeit Freude. Patienten kommen zögerlich und gehen lächelnd.
Fortschritt entsteht langsam, aber er ist sichtbar – und manchmal denke ich, dass
Zahnmedizin, in ihrer stillen Art, mehr ist als Handwerk. Sie kann ein Stück Würde
zurückgeben.
Freiwilligenarbeit im indo-
Meine Arbeit auf den Seychellen ist Teil einer längeren Reise. Seit einigen Jahren
engagiere ich mich in der freiwilligen zahnärztlichen Arbeit im indo-
Indien, Nepal, Kambodscha und nun hier im Indischen Ozean. Jede Station bringt neue
Herausforderungen und neue Gesichter, aber auch ein verbindendes Gefühl: die
Erfahrung, dass Hilfe auf Augenhöhe entsteht – durch Geduld, Austausch und Vertrauen.
In Nepal, wo ich 2024 mit meiner Kollegin Sony gearbeitet habe, war es die Einfachheit
des Alltags, die mich beeindruckte: improvisierte Behandlungsräume, aber ein Lächeln,
das alles aufwog. In Kambodscha war es die Energie der Jugend, in Indien die schiere
Vielfalt. Und hier, auf Mahé, ist es die Ruhe, die alles trägt – das Meer als ständiger
Begleiter.
Abseits der Klinik spielt sich das Leben am Meer ab. Mahé ist eine Insel der Gegensätze –
Regenwald, Granitberge und die Herren des Strandes. So nenne ich jene Menschen, die
im Rhythmus des Ozeans leben: die Fischer, die Kinder am Ufer, die Verkäufer in der
Sonne, die alten Männer, die im Schatten ihrer Boote Netze flicken.
Sie sind die wahren Herren des Strandes – nicht, weil sie ihn besitzen, sondern weil sie zu
ihm gehören. Der Strand gehört ihnen, weil sie ihn leben, Tag für Tag, im Wechsel der
Gezeiten. Es erinnert mich an Jorge Amados Die Herren des Strandes, in dem das Meer
zum Symbol für Freiheit und Würde wird. Auf Mahé geschieht das leiser – ein Bild des
Gleichgewichts zwischen Mensch und Natur.
Das Rückgrat der Insel
Und über all dem erhebt sich das grüne Rückgrat der Insel: die Granitberge. Sie sind nicht
hoch – kaum 900 Meter – doch bei 30 Grad und 85 Prozent Luftfeuchtigkeit fordernd
genug. Jeder Aufstieg wird zum kleinen Abenteuer: glitschige Wurzeln, plötzlicher Regen,
das Zirpen der Zikaden. Pausen sind Pflicht, Wasser ist Leben – und manchmal fühle ich
mich wie Indiana Jones auf Schatzsuche.
Diese Wanderungen sind weniger sportlicher Ehrgeiz als Meditation in Bewegung. Oben,
wo der Nebel in den Bäumen hängt, wird alles still. Der Duft von Zimt und Salz liegt in der
Luft, und tief unten glitzert das Meer wie ein Versprechen.
Zwischen zwei Welten
Wenn man davon leben könnte – immer wieder neue Orte zu entdecken, dort zu arbeiten,
zu lernen und zu helfen – ich würde es wohl tun. Aber Verantwortung bleibt: die Familie,
die Wurzeln, das Zuhause. Und ich bin meiner Frau unendlich dankbar, dass sie mich so
in die Welt ziehen lässt. Ohne ihre Stärke wäre all das nicht möglich.
Ich freue mich schon auf Weihnachten unter Palmen, wenn sie mit meiner Stieftochter zu
Besuch kommt. Anfang Januar geht es dann zurück – und mein Nachfolger wird eine gut
eingespielte Klinik übernehmen können.
Ein leiser Abschied
Danach? Vielleicht eine neue Station, ein neues Land, ein weiteres Kapitel. Ich beneide
Sony ein wenig um ihre kommende Reise nach Pokhara. Ein Freund von mir war schon
mehrfach dort – und schwärmt noch heute davon.
Mit einem dankbaren Herzen und Sand zwischen den Zehen,
Thomas